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Marhaba Cousine

Falter, 9. 03. 2005, Beilage zur Diagonale 05
Reden, wie man will - MIGRATION
Drei Dokumentarfilme und ein Kurzfilm beschäftigen sich auf verschiedene und doch vergleichbare Weise mit dem Verhältnis von Identität, Sprache und Kultur 
von Michael Pekler

(...) Eine andere Form von kultureller Grenzüberschreitung wiederum schildert „Marhaba Cousine“ von Astrid Heubrandtner, in dem sich die Regisseurin auf die Reise nach Syrien macht, um ihre Cousine zu besuchen. Diese ist zum Islam konvertiert, lebt verheiratet und als dreifache Mutter in Damaskus und arbeitet dort als Teilhaberin einer Apotheke. Sprachbarrieren spielen hier keine Rolle, die Frage nach Identität basiert ausschließlich auf religiösem Hintergrund. Der Film skizziert das Problem in erster Linie rund um aktuelle Diskussionen wie der Stellung der Frau im Islam oder Kopftuchdebatten, während die persönliche Beziehung zwischen den beiden auf eigenartige Weise außen vor bleibt. Die Gespräche der Cousinen drehen sich kaum einmal um gemeinsame Erinnerungen, die Heubrandtner mittels alter Familienaufnahmen als vergangene Idylle montiert, sondern um allgemeine Fragen zu kultureller Akzeptanz. Das Bemühen der Österreicherin, die Entscheidung der Cousine besser zu verstehen, führt jedoch paradoxerweise zunehmend zu Unverständnis und Zweifel: „Je mehr ich hinterfrage, desto weniger nachvollziehbar werden die Antworten. Die Distanz wird größer.“ (...)

Steirerkrone, 02.03.2005
Junge Steirerin bei der „Diagonale 2005“
Claudias fremde Welt
von M. Reichart

 Mit einer abendfüllenden Dokumentation ist die junge Filmemacherin Astrid Heubrandtner aus Trofaiach heuer bei der „Diagonale“ in Graz vertreten. Darin vergleicht sie die unterschiedlichen Leben zweier Frauen mit ähnlichem Ausgangspunkt: ihr eigenes und das der Cousine, die nach Damaskus ausgewandert ist.

Auslöser für den Dokumentarfilm „Marhaba Cousine“ war ein Besuch bei ihrer Verwandten Claudia, die mit ihrem Mann und drei Kindern in Damaskus lebt – streng nach den Regeln des Islam. Für Astrid Heubrandtner eine fremde Welt. In einer sehr persönlichen und durchaus kritischen Auseinandersetzung durchleuchtet sie die gemeinsame Vergangenheit in der „westlichen Welt“, aber auch die unterschiedlichen Frauenrollen im allgemeinen. Zudem kommt noch der Aspekt der zum Islam konvertierten in Syrien lebenden Europäerin dazu. Durch die sich zuspitzende politische Lage hat der Film an Aktualität gewonnen.

Media Biz, März 2005, Nr. 112
Wegweiser durch die Wirklichkeit
Alles neu macht der März. Vom 14. - 20. März wird die Diagonale 05, das Festival des österreichischen Films, unter neuer Leitung in Graz stattfinden. 
von Irmgard Schmidmaier

(...) Fremd bleiben sich auch die beiden verwandtner Frauen in Astrid Heubrandtners dokumentarischer Suche „Marhaba Cousine“. Wieder gibt selbst Erlebtes das zentrale Motiv vor: Die Filmemacherin macht sich auf den Weg, ihre nach Syrien ausgewanderte Cousine zu besuchen. Nach 15 Jahren sind sich die Frauen, die als Kinder fast geschwisterlich vertraut waren, vor unterschiedlichem kulturell-religiös-politischem Hintergrund fremd geworden. Die Begegnung der beiden wird zu einer exemplarischen Konfrontation zweier Lebensstile, zweier Kulturen - und spiegelt im Privatem die großen Zeitfragen. Wie die Erzählerin bleibt auch der Zuschauer am Ende allein mit neuen Fragen, die Begegnung kann die Fremdheit nicht auflösen.

Professional Production Mai 2005 Nr. 188
Gibt es den „österreichischen Film“? Und, wenn ja, wer oder was ist das? Eine Identitätssuche 
von Christine und Phillippe Dériaz 

(...) Gleich dreimal „auffällig“ wird die Kamerafrau Astrid Heubrandtner. Für Jakob M. Erwas Film „Wie Schnee hinter Glas“ unterstützt ihre sehr angenehme Handkamera (Super16mm) die Nähe zu den Figuren, die die einfühlsame Regie und Darstellerführung, besonders der zwei jugendlichen Laien, verlangen.

In Sabine Derflingers „Schnelles Geld“ beobachtet ihre Kamera eine Gruppe junger Straßen-punks. Trotz zum Teil nicht vorherplanbarer Situationen bleibt sie immer spannend und nah, ohne aufdringlich zu sein, und verleiht damit der ohnehin interessanten Studie über das Leben auf der Straße genau das Plus, das den Film besser macht als vergleichbare Produkte.

„Marhaba Cousine“, Regie und Kamera von Astrid Heubrandtner, ist eine sehr persönliche und doch gänzlich unpeinliche Spuren- und Identitätssuche. (...)